Claus-Peter Hutter (Hrsg.):
Maultaschen und Motoren
Maultaschen und Motoren
Stuttgart
und das Neckarland in den
50er und 60er Jahren
50er und 60er Jahren
Claus-Peter Hutter als Herausgeber dieses
Buches ist im „Ländle“ kein Unbekannter. Vor allem in Sachen Natur und Umwelt
ist der umtriebige Unterländer aus Marbach am Neckar ein Begriff. Jetzt legt er
aber als Herausgeber zusammen mit anderen einen opulenten Bildband - Prachtband
ist sicher keine Übertreibung - über das alte Stuttgart und das Neckarland vor.
Man kann es ruhig
so sagen: Das Buch ist vom Inhalt her gewichtig. Vom Gewicht her aber auch… -
oder anders herum gesagt: Man bekommt was für sein Geld! Nostalgiker werden
sich freuen, Heimatverbundene, Historiker, Fotofreunde, Menschen, die vor 1960
geboren sind - also quasi alle -, weil sie sich beim einen oder anderen Bild an
früher erinnern (wo doch alles besser war ???) und nach 1960 geborene, weil sie
einen lebensechten Eindruck in die Welt ihrer Eltern und Großeltern bekommen.
Dieser Bildband dokumentiert auf 341 (!)
faszinierenden Fotos, zum großen Teil unveröffentlicht, die rasanten
Veränderungen nach dem Krieg in Stuttgart. In anderen Städten ging es aber
nicht anders zu, das Rad dreht sich aber vielleicht in Stuttgart etwas
schneller? Wie schnell es sich aber überhaupt dreht, macht einem dieser Band
klar.
Mistwagen, Daimler und Porsche, eine Königin und König
Silberzunge…
Die 1950er und
1960er Jahre sind ja nun auch nicht sooo lange her. Und trotzdem, eine ganz
andere Welt damals. Man kann sich diesem Eindruck und diesem Gefühl nicht
entziehen. Der Autor dieser Zeilen, der jene Zeit als Kind erlebte, weiß von was
er spricht. Auch er wuchs im Dunstkreis der Großstadt zwischen Resten
bäuerlichen Lebens und Citygefühl auf.
»Maultaschen und
Motoren« ist somit eine berührende Reise in die schwäbische Metropole der Mitte
des 20. Jahrhunderts. Stuttgart mit dem Neckarland war damals eine Großregion
im Umbruch, wie auch Hutter konstatiert, deren Entwicklung in dieser
Geschwindigkeit und Konsequenz innerhalb von Deutschland sich vielleicht nur
noch mit dem Ruhrgebiet vergleichen lässt. Nur steht das Ruhrgebiet heute anders
da als Stuttgart. Was aber auch mit dessen Altlasten zu tun hat.
Die 50er und 60er
Jahre war unter anderem auch die Epoche als allen Ernstes über »Wübahoz« als
Einheitsbegriff für Württemberg, Baden und Hohenzollern nachgedacht wurde - die
Vereinigung der drei Länder war ja nicht einfach und Nachwehen gibt es heute
noch, Mercedes Benz und Porsche zu den großen Industrieunternehmen in
Deutschland aufstiegen und die Menschen in einer bizarren Welt zwischen
Mistwagen, Ernte mit der Hand in harter Arbeit, aber auch mit schnellen Autos
lebten. Es war die Epoche, auf deren
Arbeit und Entwicklung der heutige Wohlstand in der Region Stuttgart beruht.
Aber auch die Kultur und ihre Stars sowie sonstige Berühmtheiten kommen
nicht zu kurz: Gary Cooper war hier - um seinen Mercedes persönlich abzuholen,
Yehudi Menuhin, Maria Callas, Jimi Hendrix. An Politikern und Menschen aus
staatsnahen Bereichen de Gaulle, Theodor Heuss natürlich, Gustav Heinemann,
Willy Brandt, die Queen und „König Silberzunge“ Kurt Georg Kiesinger deroselbst
gab ein Heimspiel. Die Straßenbahnen drängten sich zwischen den Menschen und
Autos am Schlossplatz, Bierkutscher fuhren ihre Ladung noch mit wirklichen
Pferdestärken aus (wer erinnert sich eigentlich noch an die Eisblöcke, die man
damals noch zum Kühlen erwerben konnte?), Trümmer gab’s natürlich auch noch, so
zum Beispiel die vom Neuen Schloss, dessen Wiederaufbau längst nicht gesichert
war, der Mülleimer hieß bei den Stuttgartern Victor, Hochhäuser wurden gebaut,
Mädchen und Buben waren noch brav (oder sahen zumindest so aus) - kein Gedanke
seinerzeit daran, dass einige Mitglieder der „Baader-Meinhof-Bande“ resp. der
Rote Armee-Fraktion aus Stuttgart kamen. Modeschauen, ein seinerzeit
existierendes Modegeschäft, an das sich der Autor noch erinnert, warb mit
„billigsten Preisen“ - kommt einem doch bekannt vor? Eine Gerberei trocknete
Garbenstricke im Freien, während eine Seite weiter Ferry Porsche stolz in
seiner Fabrikhalle die Herstellung seiner Luxusautos vorstellte. Auf der
Solitude wurden noch Rennen gefahren. Und so weiter, und so fort, 341 Fotos
insgesamt.
Tja, was für eine Zeit…
Die Bilder dieses Bandes sind nach Themenkreisen geordnet, aber auch wild
durcheinander wäre das Blättern in dem Buch ein Erlebnis. Sie stammen vom Haus
der Geschichte, vom Landesmedienzentrum, teils von bekannten Fotografen selbst,
Privatpersonen und vielen Archiven von Firmen und Institutionen. Es war sicher
eine rechte Fleißarbeit, sie zusammenzutragen und man kann den Bildgebern und
dem/den Suchenden und letztendlich auch dem Verlag für ein solches Werk nur
dankbar sein.
Claus-Peter Hutter (Hrsg.): Maultaschen und
Motoren. Stuttgart und das
Neckarland in den 50er und 60er Jahren. 300 Seiten. 28,5 x 31 cm. 341
Fotografien. Gebunden mit Schutzumschlag. Emons Verlag. ISBN 978-3-95451-403-8. Euro 39,95 [D] , 41,10 [AT]
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allem schwarzweiß-Fotos von und über Stuttgart für Minimalisten unter den Freunden der
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