VfB:
Gedenk-Stele als Ort der Erinnerung
Grafik: Hans-Jürgen Trinkner
Mit einer künstlerisch gestalteten Gedenk-Stele hat der VfB Stuttgart auf seinem Clubgelände einen Ort der Erinnerung an diejenigen Mitglieder geschaffen, die im Zuge des Nationalsozialismus aus politischen Gründen aus dem Verein gedrängt oder aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit ausgeschlossen wurden.
Am 27. Januar 2019, dem Internationalen Tag des
Gedenkens der Opfer des Holocaust, hatte das Präsidium des VfB Stuttgart diese
Mitglieder symbolisch wieder in den Verein aufgenommen.
Im Rahmen der
feierlichen Enthüllung der Stele (am Freitag, 15. März 2019) stellte Wolfgang
Dietrich, Präsident des VfB Stuttgart, deren besondere Bedeutung für den Verein
hervor. Die Stele stehe für die im Zuge des NS-Regimes ausgeschiedenen und
ausgeschlossenen Mitglieder, sie stehe aber auch ganz aktuell für ein klares
Bekenntnis des VfB Stuttgart gegen Rassismus und Gewalt und für Vielfalt,
Toleranz und Demokratie. „Unsere eigene Geschichte zeigt uns, wie wertvoll es
ist, dass wir heute in Demokratie und Freiheit leben und unseren
völkerverbindenden Sport über alle Grenzen hinweg frei ausüben können.
Fachlichen Rat und
tatkräftige Hilfe hatte der VfB bei der Auswahl des Künstlers und des passenden
Textes für die Gedenktafel von der Cannstatter Stolperstein Initiative
erhalten. Rainer Redies, der im Rahmen der Feierlichkeiten von seinen
Erfahrungen in der Erinnerungsarbeit berichtete, betonte, dass das Erinnern
immer auch Widerstände erzeuge. Hier zahle sich Beharrlichkeit aus.
Stellvertretend für den ebenfalls anwesenden Künstler Hans-Jürgen Trinkner
erläuterte er das aus rauem Schieferstein geschaffene, rund eine Tonne schwere
Werk.
Dr. Michael Blume,
Beauftragter der Landesregierung gegen Antisemitismus, begrüßte in seinem
Grußwort den Umgang des VfB Stuttgart mit diesem schwierigen Kapitel deutscher
Geschichte. „Es ist gut, dass der VfB Stuttgart sich an die Mitglieder des
Vereins erinnert, die vor oder während der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft den VfB verlassen haben oder ausgeschlossen wurden. Diese
Ausgrenzungen Anfang der dreißiger Jahre des letzten Jahrhunderts waren der
Auftakt für den Schrecken, die Brutalität und den Zynismus, mit denen Millionen
von Menschen vertrieben, gequält und ermordet wurde.
Wo einzelne Menschen
oder ganze Gruppen ausgeschlossen werden, wo ihnen das Mitspracherecht und die
Beteiligung am täglichen Leben verweigert werden, da zerbricht jedes Vertrauen,
jede Rechtsstaatlichkeit, jede Chance für Dialog – auch im Sport. Ich bin
dankbar, dass immer mehr Sportvereine darüber reden. Antisemitismus und Hass
auf Andere haben bei uns keinen Platz – nicht in der Politik, nicht in der
Gesellschaft, nicht in den sozialen Medien, nicht auf dem Fußballplatz und
nicht auf den Zuschauerrängen.“, so Dr. Blume.
Von der Israelitischen
Religionsgemeinschaft Württembergs (IRGW) waren das Mitglied der Repräsentanz
Mihail Rubinstein und der Stuttgarter Ortsrabbiner Yehuda Pushkin während der
Feierlichkeiten anwesend. Mihail Rubinstein wies in seinem Grußwort auf die
doppelte Bedeutung der Stele hin: „Mit der Erinnerung an die Shoah ist diese
Stele nicht nur ein Ort des Gedenkens, sondern gerade auch in dieser Zeit ein
wichtiges Zeichen aus der Mitte der Gesellschaft heraus gegen Antisemitismus
und für Toleranz und Menschlichkeit.“ Rabbiner Pushkin zitierte Psalm 16: „Du
lässt meine Seele nicht dem Grab verfallen, Deine Frommen nicht die Gruft
erblicken.“ Er verwies auf die Wiederauferstehung und das ewige Leben indem er
sagte „Wir glauben an die Wiederauferstehung der Toten. Und trotz des ganzen
Schmerzes ist unser Glaube stark, dass am Ende der Tage die Toten auferstehen
werden zu ewigem Leben.“
Gregor Hofmann, der
Verfasser des wissenschaftlichen Bandes „Der VfB und der Nationalsozialismus“,
der im Oktober 2018 in der Schriftenreihe des Institutes für Sportgeschichte
Baden-Württemberg e. V. erschienen ist, zeigt sich erfreut über die Maßnahmen,
die der Club seit der Veröffentlichung umgesetzt hat: „Es ist ein gutes und
wichtiges Signal, dass der VfB nicht nur offen mit den Ergebnissen meiner Arbeit
umgeht und ihre Veröffentlichung unterstützt hat, sondern seine
ausgeschlossenen Mitglieder rehabilitiert und sich dies nun in der Gedenk-Stele
manifestiert - das freut mich besonders!“, so Hofmann.
Die Bemühungen des VfB
Stuttgart, seine eigene Vereinsgeschichte aufzuarbeiten, enden nicht mit der
Enthüllung der Stele. Über seine Homepage und Social-Media-Kanäle ruft der Club
im Rahmen eines Aufarbeitungsprojektes „VfB Mitglieder 1932-1945“ weiter dazu
auf, den VfB bei der wissenschaftlichen Aufarbeitung dieser Periode zu
unterstützen und dafür im Privatbesitz befindliches relevantes Material zur
Verfügung zu stellen.
Hintergrundinformationen
Beschreibung der Gedenk-Stele des Künstlers Hans-Jürgen
Trinkner durch Rainer Redies
Mit seiner rauen,
dunklen Oberfläche symbolisiert der Stein die düstere Periode der Deutschen
Geschichte. In Anlehnung an den Text, welchen die Stele trägt, soll der Stein
nicht geglättet und nicht beschönigt werden. Der Schieferblock ist gespalten,
wie die damals politisch oder rassistisch diskriminierten Mitglieder
abgespalten wurden. Dagegen steht die als Klammer geformte Tafel für
Zusammenhalt und lässt den Text zum Bestandteil der Vereinsidentität werden.
Zusammenhalt symbolisiert auch das leuchtende Rot, das Verbindung herstellt, die
Spaltung aufhebt, Hoffnung macht und an das Leben erinnert. Als Vereinsfarbe
nimmt es nicht zuletzt Bezug auf die farbliche Gestaltung der Umgebung. Als
Gesamtwerk stehen Text und Stele mit wenigen Worten, aber knapp einer Tonne
Gewicht, für die Unverrückbarkeit des Bekenntnisses des VfB Stuttgart zu
Vielfalt, Toleranz und Demokratie.
Text der
Gedenktafel
Wir erinnern an
unsere Mitglieder,
die uns ab 1932 aus
politischer Überzeugung verlassen haben
oder ab 1933 als
Juden zum Austritt genötigt und ausgeschlossen wurden.
Sie gehören zu uns.
Wir stehen gegen
Antisemitismus, Rassismus und Diskriminierung.
Wir stehen für
Vielfalt, Toleranz und Demokratie.
VfB Stuttgart
Auch auf der Seite der Freien Kunstschule Stuttgart findet man Informationen zu diesem Projekt
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