Babyraub bei den Haubenlanguren
Wilhelma: Neugeborenes in der ganzen Affengruppe beliebt
Wilhelma: Neugeborenes in der ganzen Affengruppe beliebt
Endlich Nachwuchs bei den Haubenlanguren: Erstmals seit 2009 hat es
wieder geklappt in der Zuchtgruppe der Wilhelma. Da war die Aufregung groß bei
den Schlankaffen mit der witzigen „Punkfrisur“. Kinderfreuden kannte aus der
Riege der jungen Weibchen Amoli, Anouk und Kandra, die zwischen 2007 und 2009
geboren wurden, noch keine.
Als es am 23. Dezember so weit
war, wollte jede von ihnen das Mädchen einmal in den Arm nehmen. Typisch für
diese Primaten tragen die Kleinsten zunächst ein orangefarbenes Babyfell, egal
ob sie später rote oder schwarze Haare bekommen. Ihre Schwanzspitze verrät
zuerst, auf welche Farbvariante es hinausläuft.
Die unsichere Mutter Kandra
hielt ihren Erstling anfangs quer statt senkrecht am Körper und ließ sich – von
der Geburt noch geschwächt – das Baby auch von anderen Weibchen abnehmen. „Es
ist normal, dass andere Weibchen aushelfen und das Neugeborene eine Weile
tragen“, sagt die Kuratorin Marianne Holtkötter.
„Spätestens wenn das Baby Durst
hat und zu quengeln beginnt, müssen sie es aber zum Stillen der Mutter
zurückgeben.“ Das passierte jedoch nicht. „Amoli behielt das Kleine und gab es
nicht mehr her“, berichtet Holtkötter. Bei diesem Babyraub mussten die
Tierpfleger einschreiten und die Gruppe trennen, um Kandra ihre Tochter zurückzugeben.
Drei Stunden dauerte es, bis die Mutter ihre schreiende Tochter endlich vom
Boden aufnahm und trinken ließ. Seither säugt sie das Kleine regelmäßig. Das
recht kräftige Baby hat die Aufregung gut überstanden. Die Tierpfleger bleiben
aber auf der Hut. Falls Amolis Bedürfnis, das Baby zu sich zu nehmen und zu
behalten, zu groß wird, muss sie zeitweise abgetrennt werden. „Am besten wäre
es, wenn sie selbst bald schwanger würde“, sagt Holtkötter. Das brächte
Ausgleich in die Gruppendynamik.
Weitere Jungtiere in Stuttgart
erhofft sich auch das Europäische Erhaltungszuchtprogramm. Denn die jungen
Weibchen der Wilhelma tragen seltene Gene, die für den Fortbestand der Art in
Zoos wichtig sind. Die Haubenlanguren, die von der indonesischen Insel Java
stammen, sind in ihrem Bestand bedroht. Der Lebensraum der Mangroven- und
Küstenwälder, an den sie angepasst sind, wird immer kleiner. Und es werden auch
weiterhin illegal Haubenlanguren gefangen, um sie als Haustiere zu halten –
oder gar zu essen.
Die Wilhelma züchtet
Haubenlanguren seit 1981. Sie sind nicht einfach zu halten, weil sie in der
Wahl ihrer Kost, die fast nur aus Laub besteht, sehr spezialisiert sind.
Dennoch gelang bis 1998 die Nachzucht von gut 35 Jungtieren. Mit zwei
Nachfolgern des ersten Haremschefs Bubi klappte es jedoch nicht mehr. Erst das
2006 aus Singapur eingetroffene Männchen Subash sorgte wieder für Nachwuchs:
darunter Amoli, Anouk und Kandra. Nach seinem Tod blieben die Weibchen unter
sich, bis 2014 der schwarzhaarige Miyagi aus dem englischen Tierpark Port
Lympne bei Dover hinzustieß. Er ist der Vater von Kandras Neugeborenem.
Quelle: Wilhelma.
Fotos: Haubenlangur
Kandra mit ihrer am 23. Dezember geborenen Tochter. Fotos: Wilhelma
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