Samstag, 16. Januar 2016

Stadt Stuttgart löst erstmals Feinstaub-Alarm

Stadt Stuttgart löst erstmals Feinstaub-Alarm aus: 
Ab Montag, 18. Januar, möglichst auf das Auto verzichten – Ende noch offen

OB Kuhn: „Ich appelliere an die Bürgerinnen und Bürger: Lassen Sie Ihr Auto an den Alarmtagen möglichst stehen“

Die Landeshauptstadt Stuttgart hat am Samstag, 16. Januar 2016, zum ersten Mal Feinstaub-Alarm ausgelöst.

Beginn:
Montag, 18. Januar, ab 0 Uhr für den Autoverkehr
Sonntag, 17. Januar, ab 18 Uhr für Komfort-Kamine
Ende:
noch offen

Ziel des Feinstaub-Alarms ist es, bei stark austauscharmen Wetterlagen in Stuttgart die erwartbare Belastung mit Feinstaub und Stickstoffdioxiden zu reduzieren. Aktuell sagt der Deutsche Wetterdienst (DWD) für mindestens Montag und Dienstag ein stark eingeschränktes Austauschvermögen der Atmosphäre voraus. Damit ist die Voraussetzung für die Auslösung des Feinstaub-Alarms in der Umweltzone Stuttgart gegeben.

Die Landeshauptstadt Stuttgart appelliert gemeinsam mit dem Ministerium für Verkehr und Infrastruktur und dem Regierungspräsidium Stuttgart daher an die Bevölkerung in Stuttgart und in der Metropolregion, das Auto in der Umweltzone Stuttgart möglichst nicht zu nutzen und auf den Betrieb von sogenannten Komfort-Kaminen, die nur als zusätzliche Wärmequelle dienen, zu verzichten. Grundsätzlich ausgenommen sind Wohnungen, die ausschließlich mit solchen Einzelraumfeuerungen beheizt werden.

Oberbürgermeister Fritz Kuhn erklärte am Samstag, 16. Januar: „Das Thema Luftreinhaltung geht uns alle an, und jeder, ob Stuttgarter Autofahrer oder Pendler aus der Region, kann seinen Teil dazu beitragen. Ich appelliere deshalb an das Verantwortungsbewusstsein der Bürgerinnen und Bürger: Lassen Sie ab Montag, 18. Januar, Ihr Auto wegen des Feinstaub-Alarms stehen. Suchen Sie nach umweltfreundlichen Mobilitätsalternativen. Zum Schutz der Stuttgarter Luft und zum Schutz der eigenen Gesundheit.“

Nicht zu unterschätzen sei auch der Schadstoffausstoß von Komfort-Kaminen. Kuhn sagte: „Verzichten Sie an den Tagen mit Feinstaub-Alarm auf die Nutzung solcher Einzelfeuerungsanlagen. Auch damit leisten Sie einen Beitrag zur Luftreinhaltung.“

Wie lang der Feinstaub-Alarm dauern werde, sei zunächst noch nicht absehbar. „Wir informieren aber unverzüglich, wenn das Ende feststeht.“ Kuhn erinnerte daran, dass Autofahrer ja auch bei Schnee und Eis ihr Fahrzeug stehen lassen und öffentliche Verkehrsmittel nutzen: „Das ist durchaus vergleichbar.“ Der OB stellte nochmals klar: „Aktuell ist der Feinstaub-Alarm mit dem Verzicht auf das Auto eine freiwillige Aktion. Wenn wir aber bis Ende 2017 damit keinen Erfolg haben und die Schadstoffwerte nicht nachhaltig sinken, dann wird es zu verbindlichen Maßnahmen wie etwa Fahrverboten kommen müssen. Jeder Autofahrer hat es also in der eigenen Hand, dazu beizutragen, dass es soweit nicht kommen muss.“ Aber jedem müsse auch klar sein: „Hilft die Freiwilligkeit nicht, folgt der Zwang.“

Im Übrigen habe Stuttgart schon eine Reihe von Maßnahmen ergriffen, die Belastung mit Schadstoffen zu senken: Von der Einführung der Umweltzone über das LKW-Durchfahrtverbot bis zum verstärkten Ausbau des Radwegenetzes, der Verstetigung des Verkehrs durch Tempo 40 an Steigungsstrecken, der Einführung eines Job-Tickets oder der Begrünung von Hauptverkehrsachsen. Zudem wird es unter wissenschaftlicher Begleitung einen großangelegten Versuch mit einer Mooswand im Bereich der sehr belasteten Verkehrskreuzung Neckartor und entlang der Cannstatter Straße geben. Wissenschaftler werden untersuchen, inwieweit das Moos die Luftschadstoffe binden und reduzieren kann.

„Wir lassen nichts unversucht. Es gibt nämlich nicht die eine Maßnahme, die unsere Feinstaub- und Stickstoffdioxidwerte senken kann. Wir haben schon einiges erreicht, aber es reicht eben noch nicht aus“, so Kuhn.

Informationen über Fortgang und Ende des Feinstaub-Alarms unter
www.feinstaubalarm.stuttgart.de

Autofahrern wird während des Alarms empfohlen, möglichst auf die Verkehrsmittel des Umweltverbunds, also Bahn, Stadtbahn, Bus oder Fahrrad umzusteigen, zu Fuß zu gehen, Elektrofahrzeuge zu nutzen oder Fahrgemeinschaften zu bilden. Wenn möglich, sollten Fahrten ganz vermieden werden, z.B. könnten Beschäftigte in Absprache mit ihren Arbeitgebern von zu Hause aus arbeiten oder von flexiblen Arbeitszeiten Gebrauch machen.

Die Bevölkerung wird über die städtischen Online-Medien, Brückenbanner in der Region, Verkehrsmeldungen im Radio, Vario-Tafeln an den innerstädtischen Ein- und Ausfahrtstraßen, Informationsanzeigen an der Autobahn und über die eigens eingerichtete Website www.feinstaubalarm.stuttgart.de über Beginn, Fortgang und Ende des Feinstaub-Alarms informiert.

Mit der Auslösung des Alarms setzt die Stadt zudem eine umfangreiche Meldekette in Gang, wodurch die Nahverkehrsunternehmen, die großen Arbeitgeber in Stuttgart, die Kooperationspartner, die Straßenverkehrszentrale, die Polizei, die Landesmeldestelle und die Kommunen und Landkreise in der Metropolregion informiert werden. Nach der Auslösung des Alarms werden auch innerhalb kürzester Zeit die Vario-Tafeln an den innerstädtischen Ein- und Ausfahrtstraßen geschaltet. Sie informieren insbesondere die Autofahrer über den Fortgang und das Ende des Alarms.

Der Feinstaub-Alarm kann mehrere Tage lang andauern, mindestens aber zwei aufeinanderfolgende Tage. Zur Aufhebung des Feinstaub-Alarms muss der DWD eine nachhaltige und deutliche Verbesserung des Austauschvermögens prognostizieren, eine eintägige Unterbrechung der starken Einschränkung des Austauschvermögens reicht hierbei nicht aus.

Welche Vergünstigungen gibt es für Umsteiger?
Mit dem Start des Feinstaub-Alarms gibt es für Umsteiger verschiedene Vergünstigungen: So bietet der VVS einen zusätzlichen Freimonat für Abo-Einsteiger an.

Zudem können während der ersten beiden Feinstaub-Alarme Einzeltickets des öffentlichen Nahverkehrs über die App der Firma moovel zu 50 Prozent des regulären Fahrpreises erworben werden. Auch die vollelektrischen Fahrzeuge von car2go können während der ersten beiden Feinstaub-Alarme über 50 Prozent günstiger, somit für 14 Cent pro Minute genutzt werden.

Um mehr Kapazitäten im öffentlichen Nahverkehr zu schaffen, wird die Sonderlinie U11 bei Feinstaub-Alarm tagsüber zwischen Wasen und Innenstadt eingesetzt. Zudem werden die S-Bahn-Linien 1, 2, 3 und 5 über die Hauptverkehrszeiten hinaus als Langzüge verkehren.

Wann wird Feinstaub-Alarm ausgelöst?
Bei Feinstaub-Alarm besteht eine austauscharme Wetterlage: Warmluft in den höher liegenden Luftschichten verhindert, dass kalte Luft im Stadtkessel entweichen kann. Die Luft kann dadurch nicht mehr zirkulieren, Schadstoffe „stauen“ sich in tieferen Lagen. An diesen Tagen steigt die Schadstoff-Konzentration stark an, es besteht die Gefahr von Überschreitungen der Grenzwerte.

Vor allem im Winter kann es zu erhöhten Luftschadstoffwerten kommen, da in dieser Jahreszeit häufiger Wetterbedingungen herrschen, die eine Anreicherung von Feinstaub und Stickstoffdioxid begünstigen und eine Verdünnung und Verteilung in der Atmosphäre behindern. Feinstaub-Alarm wird ausgelöst, sobald der DWD an mindestens zwei aufeinanderfolgenden Tagen ein stark eingeschränktes Austauschvermögen der Atmosphäre prognostiziert. Diese starke Einschränkung liegt vor, wenn mindestens vier der fünf sogenannten schadstoffrelevanten Kriterien erfüllt sind. Der DWD definiert diese Kriterien folgendermaßen:

1. Fehlender Regen/Schneeregen
2. Ungünstige Windrichtung
3. Nächtliche Bodeninversion
4. Flache Mischungsschicht tagsüber
5. Geringe Windgeschwindigkeit

Je mehr schadstoffrelevante Kriterien erfüllt sind, desto eingeschränkter ist das Austauschvermögen der Atmosphäre. Sind mindestens vier Kriterien erfüllt, wird das Austauschvermögen vom DWD als stark eingeschränkt eingestuft. Die Stadt ruft dann den Feinstaub-Alarm aus. Die Kriterien 1 (fehlender Regen/Schneeregen) und 2 (ungünstige Windrichtung) sowie mindestens eines der Kriterien 3 (nächtliche Bodeninversion) und 4 (flache Mischungsschicht tagsüber) müssen zwingend vorliegen. Das Kriterium 5 (geringe Windgeschwindigkeit) muss erfüllt sein, sollte nur eines der Kriterien 3 und 4 vorliegen.

Warum wird der Feinstaub-Alarm ausgelöst?
Die Grenzwerte für Luftschadstoffe sollen bis 2020 im gesamten Stadtgebiet eingehalten werden. Daher haben das Ministerium für Verkehr und Infrastruktur, das Regierungspräsidium und die Stadt Stuttgart im Juli 2015 das „Konzept Luftreinhaltung für die Landeshauptstadt Stuttgart“ vorgestellt. Zu den verschiedenen Maßnahmen gehört auch der Feinstaub-Alarm. Dieser appelliert an die Freiwilligkeit der Bevölkerung, das Auto möglichst stehen zu lassen und Komfort-Kamine nicht zu nutzen. Sollte der freiwillige Appell nicht die erhoffte Wirkung erzielen, können ab 2017 für Komfort-Kamine und ab 2018 für Kraftfahrzeuge verbindliche Maßnahmen folgen.


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