Samstag, 3. März 2018

Klaus Steinke: Teehaus, Tanz und Berg der Wahrheit

Klaus Steinke:
Teehaus, Tanz und Berg der Wahrheit 
Zeitreisen rund um die Stuttgarter Weissenburg



Weissenburg - was sagt das dem Stuttgarter? Aussicht, Ausflugsziel, Park, Spielplatz, Teehaus mit Einkehrmöglichkeit natürlich. Aber dieser Platz, der schon seines Blicks wegen mit dem Schweizer Rigi verglichen wurde, wie man in diesem umfangreichen Buch nachlesen kann, hat auch eine reiche Geschichte vorzuweisen.

Sehr unterschiedliche Lebenswege kreuzen sich hier auf diesem Stuttgarter »Berg der Wahrheit«. Außer dem Teehaus und dem Marmorsaal stand im Weissenburgpark einst die stattliche Villa des Seifenfabrikanten Ernst von Sieglin. Und davor ging die Geschichte (mindestens) bis zu den Kelten und zu einer einstigen Burg zurück.

Autor Klaus Steinke hat sich unheimlich Mühe gegeben, so viel wie möglich über diesen Ort herauszubekommen. Und man muss sagen, seine Arbeit hat sich gelohnt. So ausführlich beschrieben und dokumentiert wünscht man sich manch andere Ortsbeschreibung auch.

Stauferburg, keltischer Sonnenkult, Villa und Privatpark eines Seifenpulvererfinders, Sitz des französischen Ortskommandanten, Zentrum des Avantgardetanzes. Soweit nur die Stichworte und damit praktisch auch das Inhaltsverzeichnis des gewichtigen Text-Bildbandes. Je mehr man über den Hügel der Stuttgarter Weissenburg weiß, desto leichter gibt er die Geheimnisse seiner mehr als 2500-jährigen Geschichte preis. Dabei helfen über 450 phantastische Fotografien aus 140 Jahren.

Buchgestalterisch hat das Werk einige Besonderheiten aufzuweisen. Das beginnt schon mit dem außergewöhnlich gestalteten Inhaltsverzeichnis, in das man sich zwar erst einlesen muss, das aber, wenn man es begriffen hat, gleich zu Anfang in die Besonderheiten einführt.

Nützlich für den Leser sind die beschriebenen Spaziergänge durch die Anlage, mitsamt den Warnungen vor steilem Gelände, für das der Autor stabiles Schuhwerk und alpine Erfahrung empfiehlt. Aber so an die Hand genommen stochert der Interessierte nicht im Nebel der doch großen Anlage, sondern wird direkt zu den Orten hingeführt, an denen es etwas besonderes zu sehen - oder zumindest zu erinnern - gibt. Passend dazu die Kartenskizzen und die Angaben zu Weglänge, Zeit und Höhenmeter im „Auf- und Abstieg“. Auf vielen Fotos und Plänen sind Hinweise zu früheren Orten angebracht, wo sich etwas bemerkenswertes befand.

Der größte Teil des Buches ist demjenigen gewidmet, der wohl am meisten präsent ist, am bekanntesten ist und am meisten für die Weissenburg gemacht hat: Der Seifenfabrikant Ernst von Sieglin. Als er in seine Heimatstadt Stuttgart zurück zog, hatte er seine Geschäfte bereits angestellten Geschäftsführern übergeben und führte das Leben eines reiche Privatiers. Er hat mit seiner Familie ein großbürgerliches, ja fast feudal zu nennendes Leben gelebt; gleichzeitig war er aber ein großer Mäzen und Förderer, was er in seiner Bescheidenheit gar nicht so sehr publik machte. Steinke sei Dank, das man von manchem nur jetzt hinterher erfährt.

Später war die Villa Weissenburg und ihr Park ein Zentrum des damals neuen und spektakulären Ausdruckstanzes mit der Tanzpersönlichkeit Ida Herion. Der Fotograf Paul Isenfels hat hier bemerkenswerte Fotos gemacht und diese Zeit und Kunstform vielleicht vor dem Vergessen bewahrt. Nach dem Krieg nutzten die Besatzungsmächte die Villa - sie wusste halt auch wie es sich standesgemäß lebt.

In der betonaffinen Zeit nach dem Krieg, als vieles zerstört wurde, das man heute gerne wieder hätte, wurde die Villa dann abgerissen: 1956 verkaufen die Sieglin-Erben ihren Besitz an die Stadt. Der Park wurde im Zuge der Bundesgartenschau 1961 in eine öffentliche Grünanlage umwandelt und das Teehaus saniert - als öffentlichen Ausschank für „Milch und ähnliche Getränke“. Südmilch war auch hier das Stichwort, auch diese Firma gibt es heute nicht mehr.

Und heute? - Heute ist die Anlage mit dem Teehaus ein beliebtes Ausflugsziel für die ganze Familie.

Mit Originalbeiträgen von Ida Herion, Paul Isenfels, Reinhard Gunst und Sabine Lutzeier, zahlreichen abgebildeten Dokumenten und Plänen, zeitgenössischen und aktuellen Fotos.

Klaus Steinke: Teehaus, Tanz und Berg der Wahrheit. Zeitreisen rund um die Stuttgarter Weissenburg. Mit Beiträgen von Ida Herion, Paul Isenfels, Reinhard Gunst und Sabine Lutzeier. 280 Seiten, ca. 460 Abbildungen, Format 21,5 x 23,5 cm, Hardcover. Silberburg-Verlag, Tübingen. ISBN-13: 978-3-8425-2095-0. € [D] 34,99, € [A] 36,00, sFr 47,90.
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