Annik
Aicher: Stuttgart von unten
Verborgene Orte im Untergrund
In den Untergrund
zu gehen ist sicher nicht jedermanns/fraus Sache. Auch wenn es nichts Illegales
ist, aber in modrigen Kellerräumen herumzurecherchieren, immer mit dem Gedanken
an Ratten, Kellerasseln, Moder und Feuchtigkeit und was weiß ich sonst noch, das
machen nicht viele Menschen.
Auch im Stuttgarter Untergrund liegen zahlreiche verborgene
Orte. Annik Aicher aber hat‘s gemacht, trotz zugegebener Klaustrophobie, und wir Leser profitieren von ihrem Mut,
sozusagen: Bunker, Gewölbekeller, Archive, Magazine, Wasserstollen, alles was
sich unter der Erdoberfläche tummelt, hat sie besucht. Ratten hat sie aber keine getroffen - Stuttgarts Untergrund ist sauber.
Die Autorin hat sich unter die Oberfläche begeben und die 20
spannendsten unterirdischen Orte in der Neckarmetropole und ihrer Umgebung
porträtiert. Dass sich unter dem Marktplatz das einst „führende Bunkerhotel
Deutschlands“ befindet, wenn auch in einem desolaten Zustand, liest man ja ab
und zu in der Zeitung. Gelegentlich kann man die Räume auch besichtigen.
Und dass der Nesenbach, Stuttgarts berühmter, aber „unsichtbarer“
Bach irgendwo fließen muss, das ahnt man auch.
Aber: Wer war schon einmal in
dem labyrinthischen Magazin der Württembergischen Landesbibliothek? Oder, um
bei der Kultur zu bleiben, unter dem Alten Schloss, der Stiftskirche, dem SWR
oder dem Kunstmuseum Stuttgart? Man würde manche Institutionen vielleicht ganz anders ansehen, wenn man wüsste, was es bei ihnen alles unter der Oberfläche gibt: Alles hochinteressante Dinge, man muss sie nur
zu finden wissen.
Und profaner: Auch unter dem Wagenburgtunnel und im Reinsburgstollen gibt es was zu sehen.
Dabei bei den 20 Zielen sind auch der Tiefbunker in Feuerbach und die Mineralquellen, Stuttgarts Schatz, der aus der Tiefe kommt.
Und dass Partygänger gerne im Keller feiern, kommt der Sache „Untergrund“
schon etwas näher. Annik Aicher war im Barbier, im Universum/Goldmark’s, Gabys
Gruft und im Wahren Jakob. Wir profitieren von ihren Erkenntnissen.
In Stuttgarts Umgebung hat die Autorin den Rüttelkeller von
Kessler in Esslingen besucht, war ebenfalls in Esslingen unterhalb von St.
Dionys, im Ludwigsburger Schloss und in den sträflich vernachlässigten
Böblinger Pirschgängen, Motto: Es ist noch viel zu tun, packen wir‘s an. Müssten
halt die Verantwortlichen sagen. Nur da wirds wohl keiner wollen. Kostet ja schließlich Geld und macht Arbeit ...
Aicher ist auf Geschichten gestoßen, die eine ganze Menge
über die Historie und die Menschen in Stuttgart erzählen und den Leserinnen und
Lesern ein ganz neues Bild der Stadt vermitteln. Was auch erwähnt werden soll: Das Buch ist hervorragend bebildert, und viele der Fotos stammen von der Autorin selbst. Man merkt, sie hat auch schon beruftlich fotografiert.
Fazit: Ein hochinteressantes Buch zu einem Thema, das nicht
in aller Munde ist. Und eben deshalb viel Neues Bietet. Eigentlich
unentbehrlich für alle Stuttgart-Interessierten und historisch Interessierten
der Stadt.
By the way: Einige Termine, wann man was besichtigen kann stehen ja bereits im Buch. Und wer selbst zum unterirdischen Nesenbach absteigen
will wendet sich an die SES (Stadtentwässerung Stuttgart); ist ja im Buch bereits angesprochen. Ihr
Informationszentrum befindet sich bei der Stadtbahnhaltestelle Neckartor. Es ist jeden ersten
Mittwoch im Monat von 15 bis 18 Uhr geöffnet. Telefonische Auskunft gibt es
unter (07 11) 2 16-8 01 32. Und Höhepunkt ist ein Abstieg zum
Nesenbachkanal!
Annik Aicher: Stuttgart
von unten. Verborgene Orte im Untergrund. 128 Seiten, 136 Abbildungen. Fester
Einband, Format: 22,3 x 19,2 cm. Belser Verlag. ISBN: 978-3-7630-2745-3. Preis:
€ 19,99, CHF 24,90, €/A 20,60.
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Reisen und was schön daran ist, Artikel über die Welt der Alpen, Artikel über Baden-Württemberg, Besprechungen von Reise- und Wanderliteratur, Artikel über Stuttgart, Artikel und vor
allem schwarzweiß-Fotos von und über Stuttgart für Minimalisten unter den Freunden der
Fotografie; außerdem wird auf den englischsprachigen
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