Samstag, 15. Februar 2014

Sapa Inka - Theaterprojekt im Lindenmuseum

Sapa Inka

Generationenübergreifendes Theaterprojekt
Kooperationsprojekt des Jungen Ensembles Stuttgart mit dem Linden-Museum








Theater im Museum? Erlebt man ja ab und zu, ist aber immer noch was Besonderes. Umso verlockender ist das Angebot des Lindenmuseums, innerhalb der Inka-Ausstellung ein Theaterprojekt zu realisieren. Ausführenden sind 10 Spielerinnen und Spieler des Spielclubs „Sapa Inka“ vom Jungen Ensemble Stuttgart unter der Leitung von Tobias Metz.





Eine Reise durch Raum und Zeit und die Ausstellungsräume des Linden-Museums.
Bereit sein für eine außergewöhnliche Reise sollte man als Zuschauer schon. Doch Achtung! Der Weg wird beschwerlich sein und birgt zahlreiche Gefahren! Wer in die Welt der Inka eintauchen will, muss sich warm anziehen und wird ganz schön ins Schwitzen kommen. Deshalb wohl auch die Warnung des "Obermaats" an alle Schalträger: "Schal aus: Es wird euch warm werden!!!"

Der "Obermaat" bringt die Mitreisenden auf Trab!




Das Abenteuer führt durch die herrlichen Landschaften der Anden, vorbei an der trockensten Wüste der Welt, an Gletschern und Lamaherden bis nach Cusco und weiter in die Vergangenheit, in die Gegenwart und wieder zurück. 

Pizarro begrüßt seine Bootsbesatzung

Hier findet die "Gesundheitskontrolle" statt - auf Zähne und Hände...




Fragen über Fragen
Werde ich im Lotto gewinnen? Soll ich den neuen Job annehmen - oder nicht? Fragen, die bestimmt dem einen oder anderen der Besucher auf der Seele brennen. Gut, dass unterwegs das Orakel befragt werden kann! Wer es jedoch wagt, dem Sapa Inka in die Augen zu blicken, der hat mit dem Schlimmsten zu rechnen - oder wird er vielleicht das Geheimnis des obersten Herrschers lüften?




Das Orakel, sprich die Mumie des Sapa Inka, spricht mit seinem Priester



Der Spielclub „Sapa Inka“ des Jungen Ensembles Stuttgart
Die Wegbegleitung der Expedition durch die Ausstellung „Inka - Könige der Anden“ im Linden-Museum obliegt dem Jungen Ensemble Stuttgart. 10 Mitglieder des Spielclubs „Sapa Inka“ bestreiten den Abend. Die Spielerinnen und Spieler entwickeln und inszenieren Handlungen, Szenen und Stimmungen an verschiedenen Orten in der Ausstellung, so dass der Besucher unterwegs ist und, so er die Ausstellung kennt, sie aus ganz anderem Blickwinkel neu erlebt. Dass die Schauspielerinnen und Schauspieler mit Herzblut dabei sind, ist von der ersten bis zur letzten Minute zu spüren.

Der Priester in voller Aktion - nicht ganz uneigennützig, 
wie sich herausstellt!




Inspiriert von den Söhnen der Sonne, „Weltenveränderern“ und den historischen Ereignissen im Andenraum entstehen durch das Stück außergewöhnliche Sichtweisen, individuelle und experimentelle Ein- und Ausblicke. Ausgehend von archäologischen Funden, goldwerten Textilien, Schmuck und Keramik-Figuren wird inmitten der „Ausstellungskulissen“ gespielt, gefühlt, gelebt, geflüstert und gelacht.



Heute sind Touristen unterwegs. Dass sie letztendlich Opfer 
der bauernschlauen Ureinwohner werden wird sich herausstellen.


Der Abend beginnt schon recht stressig. Eine Art Sklaventreiber oder Obermaat oder was er/sie gerade darstellt jagt die Zuschauer erst mal theatralisch die Treppe hinab. Dann darf eine abgezählte Besucherzahl hinauf, wird aber gleich lautstark an die Kandare genommen. Disziplin ist das Motto, das auf dem Schiff herrscht. Deshalb werden die Besucher, die Besatzung in diesem Fall, auch auf Herz und Nieren, sprich von den Händen bis zu den Zähnen auf die Gesundheit kontrolliert. Dann übernimmt Eroberer Pizarro das Kommando. 





Und so geht es weiter. Die Zuschauer wandern von Raum zu Raum und werden überall von neuen Szenen überrascht, zum Teil mit einbezogen. Amüsant ist die Szene mit der Touristin am Machu Picchu, die in ihrer Naivität vom bauernschlauen „Indianer“, der sich sofort gegen diese politisch unkorrekte Bezeichnung wehrt, übers Ohr gehauen wird. Amüsant auch die Bearbeitung der Ansprache eines Priesters, der auf den zweiten Blick so gar nicht fromm erscheinen will, an das Orakel in Form des verstorbenen Herrschers Sapa Inka, verkörpert als Mumie. Hier scheint Eigennutz, auch in Form von orakelten Lottozahlen, vor Frömmigkeit und Andacht zu gehen. 









Ans Herz gehend und ergreifend dafür der Teil, als sich zwei Mütter auf dem Friedhof, auf dem ihre verstorbenen Kinder begraben sind, anscheinend regelmäßig treffen, und in dem die Geschichte mit den Kinderopfern der Inkas mit dem aktuellen Tod der Kinder verwoben werden. 

Wohl die bedrückendste Szene der Aufführung, die sicher 
keinen kalt lässt: Sind das jetzt zeitgenössische Mütter, deren 
Kinder verstorben sind oder Mütter der Kinderopfer der Inkas?





Spannend ist jedoch der Schluss, die Begegnung Pizarros mit dem Inkaherrscher Sapa Inka. Dieser „Sohn der Sonne“ über allen anderen. Er wurde noch nach seinem Tod als Mumie verehrt, als Orakel befragt und „gefüttert“ - siehe oben!




Pizarro in der Schlussszene. Sie bringt den Tod für den 
Sonnenkönig, den Sapa Inka.





Pizarro bleibt zwar im Kampf auf Leben und Tod letztendlich der Sieger - „wie im richtigen Leben“ seinerzeit - moralischer Sieger bleibt jedoch der Inka, der, wie auf einer Zeichenschnur anscheinend festgehalten, den Fremdling, den Eroberer als Freund empfangen wollte. Schlecht kommt dabei nicht nur die erobernde Macht Spanien weg, sondern mit inbegriffen ist auch die katholische Kirche mit ihren Missionsbemühungen, die letztendlich nur Grausamkeit über Land und Leute brachten.

Bleibt nur eines: Dem Ensemble bei seinen folgenden Vorstellungen recht viele Besucher zu wünschen. Verdient hätten die Schauspielerinnen und Schauspieler es, denn, man hat es bemerkt, alle waren mit Herzblut dabei und haben ein grandioses Spiel geboten.

Die Ausstellung: Inka - Könige der Anden








Schön und ein Zusatzangebot für Theaterbesucher ist die Möglichkeit, zwischen 16:30 und 18:00 die Ausstellung anzusehen. Es muss dann zwar die Stunde bis zum Theaterbeginn überbrückt werden, aber wer die Ausstellung noch nicht gesehen hat, dem ist dies unbedingt zu empfehlen - es ist auch nützlich zum Verständnis des Theaterstücks.





Die Europapremiere dieser grandiosen Ausstellung findet im Lindenmuseum statt, was ein Bild auf den guten Ruf des Stuttgarter Museums wirft. Leihgaben aus anderen berühmten Museen zwischen Peru, London, Antwerpen, München und Basel sind hier zu sehen. 
 
Ein gut konzipierter Rundgang führt durch die Ausstellung. Audio-Guides bieten Zusatzinformationen zu den Schrifttafeln. Für Kinder gibt es ein extra Angebot, sie können sich altersgerechte Informationen und Präsentationen abrufen. Hier nimmt K’inti, ein Botenläufer der Inkas, die jungen Besucher an die Hand und führt sie durch die Ausstellung. Dazu gibt es dank der Unterstützung der Gesellschaft für Erd- und Völkerkunde e.V. ein kostenloses Rätsel- und Aktionsheft. Hier ein paar Impressionen aus der Ausstellung.






Das Junge Ensemble Stuttgart wird 10!
Zum 10. Geburtstag beschenkt das Junge Ensemble Stuttgart (JES) sich und sein Publikum mit einer besonderen Spielzeit! Denn in der Jubiläumsspielzeit 2013/2014 wird es nur zwei Premieren geben. Neben den beiden Neuproduktionen arbeitet das Ensemble mit nationalen und internationalen Künstlern unterschiedlicher Sparten an verschiedenen Projekten, um die Bandbreite an Theaterformen, Spielmöglichkeiten und Spielorten am JES zu erweitern, sich neu auszuprobieren und neue Perspektiven für die Arbeit in den kommenden Jahren zu eröffnen.

Im Mai 2004 wurde unter dem Tagblattturm das Junge Ensemble Stuttgart, das Kinder- und Jugendtheater der Landeshauptstadt eröffnet! Den Spielbetrieb hatte das Ensemble um Gründungsintendantin Brigitte Dethier jedoch schon im Herbst 2003 aufgenommen. Weil das eigene Theater noch nicht bezugsfertig war, spielte des JES an verschiedenen Orten in Stuttgart und stellte seine ersten Stücke u.a. im Pressezentrum des VfB und im Rosensteinmuseum vor.

Zehn Jahre später ist das junge Theater unter dem Tagblattturm aus Stuttgarts Theaterlandschaft nicht mehr weg zu denken. Das JES hat sich unter Zuschauern, Kritikern, Theaterbegeisterten aller Altersgruppen, Lehrern und Fachleuten zur feststehenden Größe entwickelt. Zuschauerreaktionen, vier Einladungen zum deutschen Kinder- und Jugendtheaterfestival, zahlreiche internationale Gastspieleinladungen und Auszeichnungen wie der deutsche Theaterpreis „DER FAUST“ bestätigen die Qualität der Theaterarbeit, die im JES auf die Bühne gebracht wird.

Gleich drei Mal wird in der kommenden Spielzeit Geburtstag gefeiert! Denn die Arbeit des JES basiert auf drei Säulen: Dem professionellen Schauspielensemble, der partizipativen Theaterarbeit und der internationalen Zusammenarbeit.

Jungen Ensemble Stuttgart - Geburtstagsfeier Teil 2
Am 22. Februar 2014 öffnet die theaterpädagogische Abteilung ihre Türen und gibt einen Einblick in ihre Arbeit: offene Proben mit den Spielclubs, Ausschnitte aus Produktionen, kurze Workshops laden alle Spielwütigen zum Ausprobieren ein.
In einer großen Diskussion mit Kindern und Jugendlichen wollen die Theaterpädagogen eine Utopie entwerfen, wie das JES aussehen kann, welches Angebot es geben soll und wie das JES zu einem lebendigen Ort werden kann. Zum Abschluss des Tages wird eine rauschende Fete im Foyer gefeiert!

Dieter und Marlies Buck

Weitere Impressionen aus der Ausstellung



Weitere Impressionen vom Theaterstück Sapa Inka


















Info:
Die Vorstellung findet in der Ausstellung "Inka - Könige der Anden" im Linden-Museum statt.
Reservierung über das JES-Kartentelefon, Kasse im Lindenmuseum.
Eberhardstraße 61, 70173 Stuttgart, 0711 21848018, www.jes-stuttgart.de
Spielleitung: Tobias Metz
Inhaltliche Betreuung: Dr. Doris Kurella und Ulrike Bohnet
Eintritt: € 16,-/12,-. Tickets: Junges Ensemble Stuttgart, Tel. 0711.218480-18, ticket@jes-stuttgart.de

Der besondere Tipp als Zusatznutzen für Theaterbesucher: Ab 16.30 kann man sich die Ausstellung ansehen. Dies sollte man auf jeden Fall ausnützen, wenn man sie noch nicht von früheren Besuchen her kennt. Es lohnt sich, und wenn man sich ein wenig eingelesen hat, fällt einem das Mitkommen und Begreifen des Theaterstückes viel leichter. Aber als Warnung: Man sollte sich nicht beim Betrachten der Ausstellung verzetteln - die 1 1/2 Stunden, die man bis zur Schließung hat, sind schneller vorbei als man dachte!

Spielort:
Landesausstellung "INKA - Könige der Anden"
Linden-Museum Stuttgart, Staatliches Museum für Völkerkunde, Hegelplatz 1, 70174 Stuttgart, Tel. 0711.2022-3, Fax 0711.2022-590

Di – Sa 10 – 17 Uhr ǀ So und Feiertage 10 – 18 Uhr

Weitere Vorstellungen:
Sa. 15.2., So. 16.2., jeweils 19 Uhr / Mi. 19.2., 20 Uhr / Do. 21.2., 19 Uhr / Fr. 26.2., 20 Uhr 

Aufführungen für Schulklassen ab Klasse 5:
Do. 20.2. und Do. 27.2., jeweils 11 Uhr Eintritt: € 4,50 im Klassenverband. Anmeldung: Tel. 0711.2022-579, fuehrung@lindenmuseum.de

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